Growth Accounting III – Beitrag des technologischen Fortschritts zum Wachstum

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Unsere bisherigen Analysen zeigen, dass das BIP pro Kopf im nächsten Jahrzehnt ohne Produktivitätssteigerungen jährlich um 0,6 % sinken wird. Daher ist die Frage, wie wir pro Arbeitsstunde mehr Wertschöpfung generieren können, zentral. Ein Treiber hierfür ist die Kapitalintensität. In den letzten 10 Jahren stieg die Stundenproduktivität durch erhöhte Kapitalintensität jährlich um 0,5 %, hauptsächlich dank Investitionen in die chemisch-pharmazeutische Forschung und Entwicklung.

Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass wir durch bessere Kapitalausstattung der Arbeitsplätze auch in den kommenden Jahren die Arbeitsproduktivität steigern können. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um unseren Wohlstand zu sichern. Woher kann zusätzliches Produktivitätswachstum kommen? 

Der Schlüssel liegt in der Effizienzsteigerung unserer Wirtschaft, bekannt als «Totale Faktorproduktivität» (TFP) oder technologischer Fortschritt. Diese wird im Growth-Accounting-System als «Solow-Residuum» bezeichnet und wird von Faktoren wie Innovationsintensität, Arbeitnehmerqualifikation, Business Environment, Standortfaktoren und Unternehmensmanagement beeinflusst. In der Schweiz hat die Steigerung der TFP in den letzten 10 Jahren jährlich mit 0,7 Prozentpunkten überdurchschnittlich zum Produktivitätswachstum beigetragen, was den Ruf der Schweiz als innovativen und attraktiven Wirtschaftsstandort bestätigt.

Quelle: OECD, BAK Economics

Mit Blick auf die Zukunft stimmen viele Indikatoren optimistisch hinsichtlich des Schweizer Produktivitätswachstums. Die Qualifikation der Arbeitnehmer ist gestiegen, die Forschungsintensität ist hoch, und es werden viele Weltklassepatente von Schweizer Forschern entwickelt. Zudem hat die Schweiz einen hervorragenden Ruf in Bezug auf die Standortqualität. Das zeigt sich auch in den Rankings, die der Schweiz hohe Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit bescheinigen.

Dennoch gibt es Gründe zur Vorsicht. Die Patentstatistiken, die der Schweiz oft den Titel des Innovationsweltmeisters einbringen, werden stark von der Pharma- und Biotech-Branche beeinflusst. In anderen Industrien ist die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit weniger ausgeprägt. Dadurch sind die aggregierten Produktivitätszahlen durch den Erfolg weniger Branchen verzerrt. Ohne die Beiträge der Pharmaindustrie, des Finanzsektors und des Handels blieb die Produktivität der übrigen Branchen 2022 auf dem Niveau von 2012.

Quelle: BAK Economics

Da die Pharmaindustrie, der Rohstoffhandel und der Finanzsektor von wenigen großen Unternehmen dominiert werden, ist das Produktivitätswachstum nicht breit genug abgestützt und somit anfällig.

Warum können andere Branchen ihre Leistung nicht steigern? Wir haben einige Thesen, die wir in diesem Blog diskutieren möchten. Wir betrachten die Innovationskraft, Wettbewerbsfähigkeit und branchenspezifischen Rahmenbedingungen (Regulierungen) auf Branchenebene. Zudem möchten wir die Rolle der KMU für das Produktivitätswachstum untersuchen. Möglicherweise liegt das Produktivitätsproblem dort. Faktoren wie die Verfügbarkeit von Fachkräften, die Wissens- und Technologiediffusion von Hochschulen oder Großunternehmen, die Adaptionskosten durch schnelle Investitionszyklen – Stichwort  Digitalisierung – und Bürokratiekosten könnten hier eine Rolle spielen.

Als grosser Produktivitätsdämpfer werden die zunehmende Regulierung und Bürokratie genannt. Es gibt wenig Material zu Bürokratiekosten in der Statistik und Literatur. Eine Suche nach «Compliance Managern/Officern am Standort Schweiz» auf LinkedIn zeigt 26.000 Profile, was nur die Spitze des Eisbergs sein dürfte. Insbesondere KMU klagen über zunehmende Auflagen und Regulierungen, wie unsere aktuelle Umfrage bei KMU in der MEM-Branche bestätigt. Die volkswirtschaftlichen Kosten für Bürokratie könnten in die Milliarden gehen, Gelder, die für Investitionen in produktivere Ressourcen fehlen. 

Eine unserer These ist, dass Unternehmen Mühe haben mit Technologie. Im Bereich der Digitalisierung führen beispielsweise immer kürzere Investitionszyklen dazu, dass KMU von steigenden Adaptionskosten überfordert werden. Die Einführung neuer Technologien (z.B. Betriebssoftware) verschlingt Ressourcen, und möglicherweise wird bereits die nächste Software eingeführt, bevor sich der Ressourceneinsatz in Effizienzsteigerungen auszahlt.

Alles in allem ist die Datenlage dürftig und eröffnet viel Raum für Spekulation. Welche Faktoren denken Sie verhindern in Ihrer Branche Effizienz- und Produktivitätssteigerungen? Wir freuen uns auf Hinweise an info@bak-economics.com.

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