«Man kann das Computerzeitalter überall sehen, außer in der Produktivitätsstatistik.» – Robert Solow, 1987.
Das tiefe Produktivitätswachstum der Unternehmen in Industrieländern ist ein Rätsel. Es gibt viele Erklärungen, und wir werden im Laufe der Zeit auf diverse Ansätze eingehen. Starten werden wir aber mit einer These, die im Moment tatsächlich vor allem eine Vermutung ist. Sie basiert also auf anekdotischer Evidenz, Beobachtungen und eigenen Erfahrungen, jedoch (noch) nicht auf solider empirischer Analyse.
Wir vermuten, dass es der technologische Fortschritt im IT-Bereich selber ist, der stark auf die Produktivität drückt. Generell gesprochen hat die Einführung neuer Technologien das Potenzial zur Steigerung der Produktivität. Aber verschiedene Herausforderungen können die positiven Effekte dämpfen oder sogar ins Negative drücken. Gemäß unserer These haben Unternehmen schlichtweg große Mühe im Umgang mit Informations-Technologie.
Ein Grund dafür ist, dass die Einführung einer neuen Technologie fast immer Anpassungen der Organisation, Strukturen und Prozesse bedeutet. Zudem ist neue Technologie eingebettet in bestehender Technologie, die auch angepasst werden muss. All das bedeutet einen hohen Ressourcenaufwand, der zunächst die Produktivität der Firma reduziert.
Die nächste Herausforderung sind die immer kürzeren Technologiezyklen. Früher konnten Firmen etwas Neues einführen und dann Jahrzehnte lang die Früchte ernten. Heute sind die Änderungen praktisch konstant, womit ein Teil der Ressourcen einer Firma fix gebunden sind. Die Technologiezyklen sind wahrscheinlich auch kürzer als die Zeit, die Organisationen brauchen, um Änderungen zu verarbeiten. Einfach gesagt ist es für jemanden sehr schwierig produktiv zu werden, wenn man jeden Tag ein neues Werkzeug erhält.
Die Regulierungen treiben parallel dazu zu der immer höheren Komplexität der IT-Landschaft einer Firma bei. Das Datenschutzgesetz hat beispielsweise weitreichende Folgen für die IT-Infrastrukturen der Unternehmen. Zusätzlich steigen die Cyber-Security Ausgaben.
Es gibt weitere Phänomene im Bezug auf IT, die wir beobachten. Hervorzuheben ist hier unter anderem FOMO, also der Fear-of-missing-out-Effekt. Managementteams befürchten im Bereich der Technologie hinterherzuhinken und wettbewerbsunfähig zu werden. Das führt oft zu übermäßigen Technologie-Ausgaben, die aber schlussendlich selten Mehrwert bringen. Aktuell sehen sich beispielsweise viele Firmen gezwungen, etwas im Bereich «AI» machen zu müssen. Und das «etwas» wird oft ein «irgendwas» und teuer.
Es ist wichtig anzumerken, dass nicht Technologie per se die Produktivität dämpft. Technologie ist ein Werkzeug und richtig angewandt nützlich. Es scheint so, das die Einführung und Nutzung mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden ist und die die erwarteten Vorteile beeinträchtigen. Leider ist die Datenlage alles in allem schlecht. Gemäß offiziellen Daten ist der volkswirtschaftliche Kapitalstock an ICT Hard- und Software in den vergangenen 25 Jahren pro Jahr um etwa 3.5% gestiegen und das Produktivitätswachstum um etwa 1%. Aber viel bessere Daten, die es uns erlauben würden, die genauen Zusammenhänge und Wirkungsmechanismen zu untersuchen, gibt es nicht. Und so haben wir keine guten Empfehlungen an Unternehmen, wie sie mit Technologie besser umgehen könnten. Es tut sich hier also ein spannendes Forschungsfeld auf. Es ist völlig unklar, ob wir zu guten Einsichten kommen werden, aber das Ziel ist lohnend.
Alle, die es spannend finden, involviert zu sein bitten wir, uns einfach über info@bak-economics.com zu kontaktieren.