MAKE AMERICA GREAT BRITAN AGAIN?

Das waren noch Zeiten! Zölle haben die USA erst gross werden lassen. Eine nüchterne Analyse dieses Instruments aus der Gründerzeit der USA.

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Damals, nach der Unabhängigkeitserklärung der USA von Grossbritannien, haben Zölle als Instrument bestens funktioniert. Die Vereinigten Staaten haben sich nicht nur mit militärischer Kraft von Grossbritannien losgelöst, sondern auch mit wirtschaftspolitischen Mitteln gestärkt. Zölle spielten eine zentrale Rolle. Im 19. Jahrhundert waren Zölle das wichtigste wirtschaftspolitische Instrument der USA. Und bereits das zweite Gesetz, das nach der Ratifizierung der US-Verfassung 1788 verabschiedet wurde, betraf einen Zoll.

Zölle finanzierten den Staatshaushalt so stark, dass bis 1910 auf Bundesebene keine Einkommensteuer erhoben werden musste. Zeitweise trugen Zölle bis zu 90 % zum Bundesbudget bei. Gleichzeitig schützten sie die damals noch schwache und arbeitsintensive US-Wirtschaft (Sklaven) vor Konkurrenz aus dem industrialisierten Grossbritannien und Europa. Diese protektionistische Politik wurde bis ins späte 19. Jahrhundert fortgeführt, mit Zollsätzen von bis zu 40 % auf wichtigen Importgütern.

Trumps liebstes Wirtschaftstool hat damals also funktioniert – warum sollte es das heute nicht?

Die veränderte Rolle von Zöllen

Auf der Einnahmeseite haben Zölle massiv an Bedeutung verloren. Nüchtern betrachtet sind Zölle nichts anderes als eine Steuer auf Importe.

Ein Staat kann unterschiedliche Faktoren besteuern: Konsum (Mehrwertsteuer), Arbeit (Lohnabzüge), Kapital (Kapitaleinkommen, Vermögen), Transfers (Schenkungen, Erbschaften) oder den Handel (meist Importe; Exportsteuern sind eine Seltenheit). Beispiel Schweiz: Gemäss Statista nimmt der Schweizer Staat insgesamt rund 160 Milliarden Franken an Steuereinnahmen ein. Einkommens-, Gewinn- und Kapitalgewinnsteuern machen knapp 100 Milliarden aus, die Mehrwertsteuer rund 40 Milliarden und die Vermögenssteuern etwa 15 Milliarden. Die Zolleinnahmen sind verschwindend gering. 2022 nahm der Bund durch Agrarzölle etwas mehr als eine Milliarde Franken ein, was weniger als 0,5 % der Staatseinnahmen entspricht.

Alle Steuern haben etwas gemeinsam: Sie werden letztlich von den Haushalten bezahlt. Zölle sind da keine Ausnahme.

Zölle sind aber nicht nur einfach Steuern, welche zu höheren Preisen führen, sondern sie führen auch zu einer Veränderung der Produktion und des Konsums. Das ist ihr wirtschaftspolitisches Ziel: Sie sollen den Import von Waren durch inländische Produktion ersetzen. Doch macht das ökonomisch heute noch Sinn?

Warum Zölle heute kaum noch funktionieren

  1. Komparative Vorteile Die USA und die Schweiz haben ihre Stärken in kapital- und wissensintensiven Branchen, wie High-Tech-Industrie oder Finanzdienstleistungen. Arbeitsintensive Produkte wie einfache Textilien oder einfache Elektronik werden in Hochlohnländern kaum noch hergestellt. Die Löhne sind schlicht zu hoch.
  2. Globalisierung und technologische Entwicklung Durch bessere Kommunikation, schnellere Transportwege und den Handel mit Dienstleistungen profitieren hochindustrialisierte Länder wie die USA oder die Schweiz vom Freihandel, bzw. von der Möglichkeit, arbeitsintensive Prozesse in andere Länder auszulagern. Lieferketten werden global optimiert, während spezialisierte Innovationen hohe Gewinne abwerfen. Gleichzeitig profitieren Konsumentinnen und Konsumenten von einer grösseren Produkteauswahl zum besten Preis.
  3. Zölle fördern nur die Automatisierung in Hochlohnländern Sollte es einem Hochlohnland dennoch gelingen, arbeitsintensive Produkte wieder inländisch zu produzieren, geschieht dies nur durch Automatisierung. Langfristig ersetzen Maschinen menschliche die hierzulande zu teuren Arbeitskräfte.
  4. Hochlohnländer erheben auch Zölle, nämlich in der arbeitsintensiven Landwirtschaft Die Schweiz erhebt auf Industriegüter keine Zölle mehr, wohl aber auf landwirtschaftliche Produkte. Laut der Welthandelsorganisation (WTO) belaufen sich die Zölle auf den Import von Agrarprodukten in der Schweiz durchschnittlich auf 36,1 Prozent. Im Jahr 2022 nahm der Bund dadurch etwas mehr als eine Milliarde Franken ein – das halbe Prozent der gesamten Staatseinnahmen. Landwirtschaftliche Basisprodukte wären auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig.
  5. Zölle haben in der jüngeren Vergangenheit nicht wie gewünscht funktioniert Gut für Ökonomen ist, dass Trump in seiner ersten Amtszeit bereits Zölle eingeführt hat und dass die Wirkung der Zölle von 2018 mittlerweile gemessen werden kann. Natürlich gibt es beinahe so viele Studienergebnisse wie Meinungen. Daher finde ich diejenigen am aussagekräftigsten, welche konkrete Produkte analysieren. Eine Studie der US-Notenbank-Ökonomen Aaron Flaaen und Justin Pierce untersuchte die Auswirkungen der 2018 von Trump eingeführten Zölle auf Waschmaschinen. Die Preise für Waschmaschinen stiegen um 12 %, obwohl die Produktion teilweise ins Inland verlagert wurde. Interessanterweise verteuerten sich auch Wäschetrockner, obwohl diese gar nicht mit Zöllen belegt waren. Die Verbraucher trugen am Ende die Kosten: Die erhöhten Preise verursachten jährliche Mehrkosten von 1,5 Milliarden Dollar – das entspricht rund 820.000 Dollar pro neu geschaffenem Arbeitsplatz in der Branche.

Fazit: Zölle sind ein untaugliches Instrument für die heutige Wirtschaft

Die zentralen Thesen zusammengefasst:

  • Zölle sind nicht mehr zur Finanzierung des Staatshaushalts geeignet.
  • Sie sind eine Importsteuer, die letztlich von den Haushalten bezahlt wird.
  • Sie führen zu höheren Preisen, verringern die Produktvielfalt und setzen die Kaufkraft der Haushalte unter Druck. Zentralbanken sollten daher als Reaktion die Zinsen wohl besser senken als erhöhen. Dies ist aber in den USA eine Gratwanderung, weil die Inflationserwartungen entankert werden können.
  • In Hochlohnländern wie den USA oder der Schweiz können sie keine industrielle Renaissance auslösen, sondern fördern lediglich die Automatisierung.

Trumps Zölle sind also ein wirtschaftspolitisches Instrument aus einer vergangenen Zeit als die USA noch viele günstige Arbeitskräfte (Sklaven!) hatten, während Europa industrialisierter war. Heute ist die Ausgangslage eine andere. Die USA droht nicht mehr von Grossbritannien zurückgeholt zu werden. 

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