GOLD TANTRUM

Runter, hoch, steil hoch, steil runter – das ist nicht das Topo einer Wanderung an Auffahrt, sondern der Verlauf der Schweizer Goldexporte in die USA. Das Auf und Ab hat Folgen, die weit über die Bedeutung des Golds für die Wertschöpfung hinausgehen. Und obwohl es in der Schweiz nur veredelt wird, beeinflusst es die Höhe der Trump-Zölle. Ausser Rand und Band. Und wenig glanzvoll.

Share This Post

Die Schweiz – Drehscheibe des globalen Goldhandels
Gold lebt von Glanz und Knappheit: Alles Gold, das jemals aus der Erde geholt wurde, passt in einen Würfel mit 22 Metern Kantenlänge. Dieser Würfel wiegt rund 200’000 Tonnen – Gold ist eines der schwersten Metalle.

Gold lebt aber auch von Vertrauen – und das kann die Schweiz gut. Vier der sieben grössten Raffinerien der Welt stehen hierzulande: drei im Tessin, eine im Kanton Neuenburg. Sie verarbeiten jährlich bis zu zwei Drittel des weltweit gehandelten Goldes.

Und Gold ist kompliziert zu handeln: In London werden 400-Unzen-Barren verwendet, in New York verlangt man 1-Kilo-Barren. Dazwischen liegt: die Schweiz.

Warum die beiden bedeutendsten Finanzplätze der Welt unterschiedliche Barrengrössen bevorzugen, weiss niemand so genau. Sicher ist: Die kleineren Barren sind in New York einfacher zu handeln. Und wenn Gold zwischen London und New York fliesst, muss es umgeschmolzen werden – auch durch Schweizer Raffinerien.

Der Schmelzprozess schafft wenig Wertschöpfung – aber viel Volumen in der Statistik. Und dieser Volumeneffekt wurde 2024 durch etwas anderes zusätzlich verstärkt: den Preis. Dieser stieg gegenüber dem Vorjahr um rund einen Viertel. Und 2025 setzte sich der Höhenflug fort: Gold durchbrach erstmals die Marke von 3’500 Dollar pro Feinunze. Trotz leichter Korrektur hat das Edelmetall seit Jahresbeginn nochmals über 25 % zugelegt.

Goldflut nach Amerika – aus Angst vor Trump

Der bisherige Höhepunkt aus Mengen- und Preisfeuerwerk war der Januar 2025: Die Schweiz exportierte 195 Tonnen Gold im Gesamtwert von 15,5 Milliarden Franken in die USA. Im ganzen ersten Quartal waren es 458 Tonnen im Wert von 37 Milliarden – fast doppelt so viel wie im gesamten Vorjahr.

Der Grund: Zöllen sei «Dank» – oder besser: deren Androhung. Amerikanische Investoren wollten physisches Gold rechtzeitig auf US-Boden bringen. Niemand wollte riskieren, dass Trump auch auf Gold Einfuhrzölle erhebt. Also wurde importiert – auf Vorrat. Doch die Entwicklung hatte Folgen – und zwar für die Schweiz. Denn sie beeinflusst die Strafzollformel der Trump-Administration.

Eine Zollformel mit Nebenwirkungen

Die USA setzen Strafzölle auf Grundlage einer simplen Formel fest:
Zollhöhe = Handelsdefizit ÷ Handelsvolumen (Basisjahr 2024)

Der Goldhandel mit den USA ist ein gutes Beispiel dafür, wie absurd das ist.
Normalerweise sind die Goldströme in beide Richtungen etwa ausgeglichen. Das hohe Volumen hilft dann sogar, die durchschnittliche Zollhöhe zu senken – denn der Goldhandel bläht den Nenner der Formel auf. 

Beispiel: Hätte Trump die Formel 2023 angewendet, läge der Zoll ohne Gold bei 35 %, mit Gold nur bei 24 %.
Doch 2024 lief der Goldhandel nur in eine Richtung: Die Amerikaner wollten das Gold im Land haben – aus Angst vor sich selbst. Die Folge: Der Zähler stieg stärker als der Nenner. Und das Ergebnis ist bekannt: Switzerland – 31 points.

Verunsicherung sogar um Tarifnummern

Als wäre das nicht schon verwirrend genug, sorgt auch die Zolltarifierung für Irritation: In der Schweiz wird Gold korrekt unter der Tarifnummer 7108.12 exportiert – „Rohgold, nicht monetär“. In den USA wird es aber oft unter 7115.90 eingeführt – „andere Waren aus Edelmetallen“. Genau diese Nummer fehlt auf der Liste der ausgenommenen Produkte. Die Folge: Schweizer Gold könnte aktuell bereits mit 10 % Zoll belegt sein, niemand weiss das so genau. 


Entweder herrscht derzeit so viel Verwirrung, dass nur noch wenige einen Transport in die USA riskieren – oder die Amerikaner besinnen sich eines Besseren. Jedenfalls: In der Summe verlässt das Gold die USA bereits wieder.
Im April verzeichnete die Schweizer Handelsstatistik nur noch 13 Tonnen Goldexporte in die USA – rund ein Achtel des Vormonatsniveaus. Gleichzeitig schnellten die Importe aus den USA auf 63 Tonnen – ein Rekordwert.


Fazit: Ein Glanzstück mit Schattenseiten

Die Verbindung von Goldhandel und Zolldrohung ist bizarr – aber real. Immerhin: Die Schubumkehr im April – sollte sie anhalten – würde bei künftigen Neuberechnungen der Zollhöhe mittelfristig entlastend wirken. Bis dahin bleibt: viel Glanz, wenig Gewinn, viel Getöse.


More To Explore