Zölle sind – schlicht gesagt – Steuern auf Importe. In der ersten Phase zahlt sie der Importeur. Danach wird’s spannend. Denn dieser versucht, die Kosten weiterzugeben: entweder an die Endkundinnen und -kunden in den USA oder an die ausländischen Produzenten.
Für Schweizer Exporteure bedeutet das: Sie können zwar nicht entscheiden, ob Zölle erhoben werden – aber sie können beeinflussen, wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie selbst dafür aufkommen müssen. Die zentrale Frage lautet: Wie einfach lassen sich ihre Produkte durch günstigere Alternativen ersetzen?
Ökonomisch reden wir hier von der Substituierbarkeit eines Guts. Je geringer sie ist, desto grösser die Verhandlungsmacht des Schweizer Exporteurs – und desto kleiner die Wahrscheinlichkeit, dass er auf den Zöllen sitzen bleibt.
Um das greifbar zu machen, haben wir ein einfaches Scoringmodell entwickelt. Es klassifiziert Schweizer Exportgüter entlang sieben Substituierbarkeits-Faktoren. Je höher der Score, desto einfacher ersetzbar – und desto höher das Risiko, dass der Schweizer Anbieter die Zollkosten trägt. Natürlich ist das Modell qualitativ und vereinfacht – aber es hilft, die erhitzte Debatte zu versachlichen.
Die sieben Faktoren im Überblick:
1. Wissens-/Technologieintensität
Je höher das Know-how, je schwerer imitierbar die Technologie – etwa durch Patente geschützt –, desto schwieriger der Ersatz.
2. Regulatorische Exklusivität
Wer in stark regulierte Märkte liefert, profitiert von Eintrittsbarrieren: Zulassungen, Normen, Zertifikate. Ein Trump-Tweet hebt die nicht auf.
3. Lock-in-Effekte / Anbieterbindung
Komplexe Lieferketten, spezifische Produktionsmittel oder proprietäre Standards binden Kundinnen und Kunden langfristig.
4. Globale Knappheit oder Konzentration
Gibt es nur wenige Anbieter oder ist die Ressource knapp – vor allem ausserhalb der EU –, ist die Schweiz schwer ersetzbar.
5. Markenbindung / Prestige / Vertrauen
Wer starke Marken oder Kundenloyalität hat, wird nicht einfach ersetzt – auch wenn es technisch möglich wäre.
6. Komplementarität
Manche Güter funktionieren nur im Paket: Software zur Hardware, Maschine zur Wartung. Fällt ein Teil aus, nützt das andere nichts.
7. Existenzielle Bedeutung / Kritikalität
Systemrelevanz ist Trumpf: Medikamente, Diagnostik oder lebensnotwendige Chemikalien sind kaum verzichtbar.

Das Resultat:
Pharma – das Schwergewicht unter den Exporten – ist in der kurzen Frist nur schwer substituierbar. Das bedeutet: Die Zölle bleiben eher an den US-Importeuren oder Konsumentinnen hängen. Kein Wunder, zögert Trump hier (auch wenn er laut bellt).
Auch in der Chemie sind Alternativen rar. Uhren und Nahrungsmittel hingegen? Ersatz ist denkbar – aber Markenbindung hilft: Swissness als Trumpfkarte. Anekdotisch: Nespresso hat die Preise in den USA bereits erhöht.
Metalle oder Agrarprodukte sind dagegen vergleichsweise leicht substituierbar. Da bleibt wenig Spielraum – ausser dem Label „Made in Switzerland“.
Fazit:
Zölle sind Sand im Getriebe des Welthandels – und dieser hat die Schweiz reich gemacht. Doch nicht jeder Schweizer Exporteur muss zittern. In vielen Branchen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass nicht die Schweiz, sondern die USA am Ende die Zölle zahlen.
Oder, um es ökonomisch zu sagen: Wer (un-)ersetzbar ist, kann das Zoll-Theater entspannter beobachten.