Wann sind Schulden eigentlich zu viel?
Die klassische Antwort: Es kommt drauf an.
Historiker wie Niall Ferguson verweisen auf ein altes Warnsignal imperialer Überdehnung: Wenn ein Staat mehr Zinsen zahlt als für seine Verteidigung, droht der geopolitische Abstieg. Habsburg, das Osmanische Reich, Frankreich vor der Revolution – sie alle kannten das Problem. Und heute? Die USA geben 2025 erstmals über eine Billion Dollar für Schuldzinsen aus. Mehr als fürs Pentagon. Das «Ferguson-Phänomen» ist wieder auf dem Tisch.
Die magische 90-Prozent-Grenze – ein Mythos?
Ökonomen Reinhart und Rogoff hatten einst vorgerechnet, dass bei einer Staatsverschuldung von über 90 % des BIP das Wachstum gegen null tendiert. Bloss: Ihre Excel-Tabelle war fehlerhaft. Eine Überprüfung durch Herndon, Ash und Pollin zeigte: Auch mit Schulden über dieser Schwelle wächst eine Volkswirtschaft – wenn auch etwas langsamer. Seither wissen wir: Schulden sind nicht per se schlecht. Oder wie es ein zweihändiger Ökonom sagen würde: «It depends.»
Das eigentliche Problem
Die einfachste Wahrheit lautet: Schulden sind nur dann ein Problem, wenn sich keine Käufer mehr finden. Optimalerweise kommt der Käufer aus dem Inland, verlangt wenig Zins und stellt keine abrupten Rückzahlungsforderungen. Griechenland kann ein Lied davon singen: Als das Vertrauen schwand, eskalierte die Schuldenkrise. Heute ist die Quote zwar immer noch hoch (160 % des BIP), aber rückläufig. Die Wirtschaftsleistung? Noch immer unter Vorkrisenniveau.
Japan – das einstige Schuldenwunder wankt
Lange war Japan der Beweis dafür, dass Schulden kein Problem sind – solange sie zu über 90 % in inländischer Hand sind. Die Notenbank stützte zusätzlich durch massive Ankäufe. Doch das Bild kippt: Der Anteil ausländischer Halter japanischer Langläufer stieg zuletzt rasant – teils über 50 %. Die Nachfrage? Schwächelt. Die Auktion der 40-jährigen Anleihe (JGB) war jüngst die schwächste seit 2011. Die Rendite stieg auf 3,375 % – ein Rekord. Der Markt droht zu kippen.
Warum das global gefährlich ist
- Yen Carry Trade in Gefahr: Steigende JGB-Renditen machen Yen-Kredite unattraktiver, Carry Trades könnten aufgelöst werden.
- Stärkerer Yen, weniger Wettbewerbsfähigkeit, mehr Volatilität an den Märkten.
- Kapitalrückflüsse aus den USA möglich: Japaner halten über eine Billion Dollar in US-Staatsanleihen.
- Globale Renditesteigerung: Auch US-Treasuries am langen Ende über 5 %.
- Währungsvolatilität: Ein starker Yen gefährdet Japans Exportwirtschaft – und könnte Interventionen der japanischen Zentralbank nötig machen.
Das Fundament des globalen Schuldenturms wackelt.
Fazit
Was Japan erlebt, könnte auch andernorts bevorstehen. Wer Schulden macht, sollte sich sicher sein, dass es genug Käufer gibt – und dass diese nicht plötzlich abspringen. Der Bond-Markt hat sogar bereits einmal Trump in die Knie gezwungen. Damals, am Dienstag und Freitag nach dem «Liberation Day» war die Nachfrage nach US-Treasuries plötzlich schwach. Zeitige ruderte Trump zurück. Der Bond-Markt ist mächtig und stark.