DIE KUNST DES SPAREN

Ab heute, dem 1. Oktober, steht die US-Regierung im «Shutdown». Heisst: Nur noch Notbetrieb. Soldaten oder Grenzwächter leisten Dienst – vorerst ohne Lohn. Behörden wie das Steueramt IRS bleiben gleich ganz geschlossen. Was das mit der Schweiz zu tun hat?

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Ein Shutdown ist für die amerikanische Wirtschaft kein Weltuntergang – aber eben auch kein Nullsummenspiel. Faustregel: Jede Woche kostet rund 0.2 Prozentpunkte BIP-Wachstum. Ein Teil davon wird später aufgeholt, doch die Unsicherheit bleibt. 

Besonders heikel: Während des Shutdowns werden keine zentralen Konjunkturdaten publiziert. Fed, Analysten und Märkte müssen blind navigieren – mitten in einer ohnehin wackeligen Konjunktur. 

Noch grösser als der kurzfristige Schaden ist aber das strukturelle Problem. Die USA sind tief gespalten und hoch verschuldet. Über 37 Billionen Dollar Staatsschulden, Zinszahlungen bereits bei 17 % des Budgets – Tendenz steigend. Selbst ein Wechsel im Weissen Haus würde daran wenig ändern. Denn ein ausgeglichener Haushalt braucht Kompromisse, und Kompromisse sind im heutigen Washington Mangelware. Und per Dekret liessen sich eine Gesundung der Finanzaussichten nur erzwingen, wenn ein ausgeglichener Haushalt tatsächlich ein politisches Ziel wäre – was in der Trump-Administration nicht gegeben ist. 

Fakt ist: Ohne Zwang bewegt sich eine Regierung, die den kurzfristigen Nutzen maximiert, nicht Richtung (finanzieller) Nachhaltigkeit. Die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass der Zwang zum Sanieren meist von aussen kommt, in Form steigender Zinsen oder galoppierender Inflation. Wann das passiert, ist kaum prognostizierbar. Sicher ist nur: Wenn es passiert, werden alle im Nachhinein sagen, die Zeichen seien klar erkennbar gewesen.

Schweiz: Bessere Lage – aber auch nicht ohne Diskussionen

Die Schweiz steht bezüglich Staatsverschuldung deutlich besser da. Doch auch hierzulande ist der Staatshaushalt nicht automatisch im Lot. Wir von BAK Economics konnten für das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) die kurz- und mittelfristigen volkswirtschaftlichen Auswirkungen des Entlastungspakets 2027 (EP27) analysieren [LINK].

Bis 2029 soll damit eine Entlastung von 3.16 Mrd. CHF erreicht werden.

Volkswirtschaftslehre ist die Analyse von Zielkonflikten – oder neudeutsch: Trade-offs. Die Schuldenbremse macht diese explizit (und sie setzt einen mittelbaren Zwang für einen Budgetausgleich über den Konjunkturzyklus). 

Konkret: Ohne Sparmassnahmen braucht es eine Gegenfinanzierung. 

Unsere Studie legt dar, was ein Verzicht auf das EP27 bedeutet: Die wahrscheinlichste Alternative wäre eine Mehrwertsteuererhöhung um rund 0.8 Prozentpunkte im Jahr 2027.

Sparen oder Steuern erhöhen?

Die Modellrechnungen sind eindeutig: Eine Mehrwertsteuererhöhung belastet die Gesamtwirtschaft stärker als das EP27.

BIP: Ohne EP27 liegt das reale BIP 2027 um 0.05 % tiefer. Bis 2031 wächst die Lücke auf –0.1 %. Über eine Dekade summiert sich der kumulierte Wohlstandsverlust auf knapp –0.6 % oder rund 4.9 Mrd. CHF.

  • Arbeitsmarkt: Bereits 2027 sind 370 Personen weniger erwerbstätig als mit EP27. Zwischenzeitlich steigt das Minus auf über 2’500.
  • Preise & Kaufkraft: Die Mehrwertsteuererhöhung treibt das Preisniveau nach oben: 2027 +0.5 %, 2036 fast +0.9 %. Besonders belastet: Haushalte mit tiefem Einkommen.
  • Verteilung: Ohne EP27 bleibt der staatliche Konsum höher. Doch die Last tragen private Haushalte und Unternehmen.

Fazit

Die Schweiz ist zum Glück nicht Washington: kein Shutdown, keine explodierenden Staatsschulden und durchaus Einsicht, dass nur Kompromisse ans Ziel führen. Denn auch bei uns gilt: Nachhaltige Finanzen erfordern unbequeme Entscheide.

Unsere Analyse zeigt klar: EP27 ist aus volkswirtschaftlicher Sicht die bessere Option – nicht nur für Wachstum und Beschäftigung, sondern auch im Hinblick auf die faire Verteilung der Lasten. Auch wenn «Fairness» wie ein Wort von gestern klingt derzeit. 

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