Die Richtschnur zur Bewertung von Fiskalmassnahmen liefern die berühmten drei Ts: Timely, Temporary, Targeted. Fiskalpolitische Massnahmen sollen rasch wirken, vorübergehend sein und zielgerichtet greifen. Alles andere ist längerfristig schädlicher als nützlich.
Timely
Kommt die Feuerwehr zu spät, braucht es mehr Wasser – oder das Haus ist schon abgebrannt. Bei fiskalischen Stimuli gilt dasselbe. Zu spät eingesetzt, wirken sie gar prozyklisch. Paradebeispiel: die Covid-Stimuli in den USA (CARES Act, American Rescue Plan & Co.). Schätzungen der San Francisco Fed zufolge erhöhten sie die Kerninflation bis Ende 2021 um bis zu drei Prozentpunkte. Eine andere Fed-Studie veranschlagt rund 2,5 Punkte bis Anfang 2022. Und Analysen der New York Fed zeigen: Zwei Drittel der Inflation 2019–2022 gingen auf Nachfrageschocks zurück, ein Grossteil davon direkt auf fiskalischen Stimulus. Laut MIT waren 2022 sogar 40 % der US-Inflation durch Bundesausgaben erklärbar.
Temporary
„Vorübergehend“ ist die wohl am häufigsten gebrochene fiskalische Tugend. In der Schweiz gibt es zahllose Beispiele. Die Mehrwertsteuer wurde 1995 mit 6,2 % eingeführt – als Übergangslösung nach dem gescheiterten EWR-Beitritt. Seither kamen befristete Zuschläge für IV und AHV hinzu, die bis heute Bestand haben. Noch älter: die Kriegssteuer von 1915, provisorisch gedacht – daraus entwickelte sich die heutige Einkommens- und Vermögenssteuer auf Bundesebene. Dasselbe passierte mit der Wehrsteuer von 1940, die 1983 zur direkten Bundessteuer mutierte. Mit anderen Worten: Die wichtigste Einnahmequelle des Bundes ist eigentlich eine „temporäre“ Massnahme.
Targeted
Auch zielgerichtete Politik kann aus dem Ruder laufen. Ein besonders anschauliches Beispiel: die Schweizer Butterförderung. Was als Stütze für Bauern begann, endete in staatlich gehorteten Butterbergen. Diese mussten später mit hohen Verlusten exportiert oder in der Lebensmittelindustrie „versteckt“ werden. Zeitweise war subventionierte Schweizer Butter in Osteuropa billiger als die lokale Ware – eine Karikatur von Zielgerichtetheit.
Kurzarbeit und die drei Ts
Bereits beschlossen ist, dass Zölle als Grund für Kurzarbeitsentschädigung gelten. Das SECO hat die Durchführungsstellen entsprechend informiert, und der Bundesrat hat die Bezugsdauer von 12 auf 18 Monate verlängert.
Wie schlägt sich die Kurzarbeit im TTT-Test?
- Timely: Ja, sie wirkt rasch – die Strukturen bleiben erhalten.
- Temporary: Das „vorübergehend“ wurde schon in der Pandemie gedehnt. Und wenn Zölle wirklich zwei Jahre oder länger bestehen, ist die Massnahme kaum mehr temporär. Unternehmen müssen sich dann neu ausrichten.
- Targeted: Grundsätzlich ja, da Unternehmen KAE beantragen müssen. Doch die Pandemie hat gezeigt, dass auch Mitnahmeeffekte entstehen.
Fazit: Eine gute Massnahme für eine schlechte Situation – aber keine Lösung für Dauerprobleme.
Signalwirkung
In den 1990er-Jahren wurde hierzulande die Kampagne lanciert «Der Aufschwung beginnt im Kopf». Das hat nicht funktioniert. Effektiv ausgelöst wurde er erst durch die Öffnung und Rechtssicherheit gegenüber dem EU-Binnenmarkt und einer expansiveren Geldpolitik. Und doch: Symbole zählen. Auch heute geht es darum, Sicherheit zu geben und die Botschaft zu senden, dass der Staat einen Extra-Effort leistet, um unfaire Handelsmassnahmen abzufedern. Kurzfristige Schocks kann die Kurzarbeit überbrücken. Dauerhafte Strukturbrüche lassen sich damit nicht kitten.
Entscheidend ist, dass die Schweiz bei aller Hektik ihre ordnungspolitischen Tugenden – Sicherheit, Berechenbarkeit, Verlässlichkeit – nicht preisgibt. Sonst wird am Ende das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Der Kompass TTT muss zwingend angelegt werden.