EIN HISTORISCHER EINBRUCH, DER KEINER WAR?

Warum Ostern bei der Datenanalyse Kopfzerbrechen bereiten kann und wie einfache statistische Methoden helfen, Fehleinschätzungen im Tourismus zu vermeiden.

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In den vergangenen Tagen war in verschiedenen Medien zu lesen, dass sich europäische Touristen von den USA als Reiseziel abwenden. Als Grund wurde einhellig die Politik von Donald Trump genannt. Die Argumentation scheint schlüssig: Trumps politischer Stil, seine restriktive Einwanderungspolitik und seine provokativen Äusserungen gegenüber Europa haben die Touristen vergrault. Und spätestens mit seinen Zollankündigungen hat er die ganze Welt vor den Kopf gestossen. 

Konkret bezogen sich die Berichte auf neue Daten der US-Reise- und Tourismusbehörde (NTTO). Diese zeigen, dass die Ankünfte aus Westeuropa im März 2025 gegenüber dem Vorjahresmonat um 17 % zurückgegangen sind. Auch für die Schweiz wurde ein markanter Rückgang von 26 % vermeldet. Zahlen, die aufhorchen lassen, aber auch stutzig machen. 

Tourismus reagiert selten spontan

Wir wissen, dass die Tourismusnachfrage in der Regel sehr stabil ist, solange nicht gerade eine weltweite Pandemie ausbricht. Dies gilt besonders bei interkontinentalen Reisen, die von den Gästen meistens langfristig geplant und gebucht werden. Kurzfristige Ereignisse führen nur selten zu abrupten Einbrüchen. Ein Rückgang von 17 % erscheint daher aussergewöhnlich hoch. Hat Donald Trump also tatsächlich einen historischen Einbruch im US-Tourismus zu verantworten?

Für den entscheidenden Hinweis muss man den Kalender betrachten: Ostern fiel im Jahr 2024 auf Ende März, dieses Jahr dagegen erst in den April. Diese Verschiebung hat einen erheblichen Einfluss auf das Reiseverhalten. Der direkte Monatsvergleich wird damit verzerrt, da man einen Monat mit Osterferien mit einem ohne vergleicht. 

Der Nutzen von Saison- und Kalenderbereinigung

Um solche Verzerrungen auszuschliessen, greifen Ökonominnen und Ökonomen auf kalender- und saisonbereinigte Daten zurück. Diese statistischen Verfahren erlauben es, saisonale Muster (z. B. Sommerferien, Skiferien) und unregelmässige Kalendereffekte (wie Ostern) herauszufiltern. Sie ermöglichen damit einen realistischeren Blick auf die tatsächliche Entwicklung der Nachfrage.

Wendet man diese Methode auf die aktuellen Daten zu Ankünften in den USA an, relativieren sich die vermeintlich dramatischen Rückgänge deutlich: Der bereinigte Rückgang der Ankünfte aus Westeuropa beträgt nicht 17 %, sondern lediglich 2,2 %. Für die Schweiz ergibt sich statt eines Rückgangs von 26 % ein Minus von 5,9 %. Je nach gewähltem statistischem Modell können diese Resultate noch leicht variieren. Jedoch lässt sich eindeutig feststellen, dass der Grossteil der Veränderung durch den Ostereffekt erklärbar ist und nicht durch eine spontane Abkehr vom Reiseziel USA. 

Rückgänge ja, aber…

Dennoch zeigt auch die bereinigte Betrachtung: Die Nachfrage ist rückläufig. Im Vergleich zum Vormonat Februar sind sowohl aus Westeuropa als auch aus der Schweiz weniger Gäste eingereist. Die politische Grosswetterlage mag also durchaus einen Einfluss haben, allerdings in weit geringerem Ausmass, als die unbereinigten Daten zunächst vermuten lassen.

Ein interessantes Detail liefern die Ankünfte aus Dänemark, die besonders stark rückläufig waren: Dort lag der bereinigte Rückgang bei rund 10 % im Vergleich zum Vorjahr und 5 % im Vergleich zum Februar. Ob das mit Trumps zwischenzeitlicher Idee zusammenhängt, Grönland zu kaufen, sei dahingestellt, doch selbst in traditionell USA-freundlichen Ländern scheint die Begeisterung etwas nachzulassen.

Wenn der Osterhase die Statistik verzerrt

Zusammengefasst zeigt sich: Der verzeichnete Rückgang ist in erster Linie auf den Kalendereffekt durch die verschobenen Osterfeiertage zurückzuführen. Woher der verbleibende, kleinere Rückgang stammt, lässt sich nur schwer eindeutig zuordnen. Liegt es an gestiegenen Preisen? An einer allgemeinen Nachfrageschwäche? Oder doch an der Politik Donald Trumps? Die Ankünfte von Dänemark deuten jedenfalls darauf hin, dass er nicht ganz unschuldig war. Und grössere Effekte können sich noch zeitverzögert zeigen. 

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