BIP-Prognose 2025: Wie sicher ist die Unsicherheit?

Warum sich die Entwicklung der Schweizer Wirtschaft trotz Donald Trumps Unvorhersehbarkeit prognostizieren lässt

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Wir haben heute unsere neusten Prognosen für die Schweizer Wirtschaft veröffentlicht, und dazu fällt mir ein oft gehörtes Bonmot ein:

„Ökonomen prognostizieren auf Kommastellen genau – weil sie Humor haben.“

In der aktuellen geopolitischen Lage, geprägt von der Frage, wie sich die Politik des neu gewählten Präsidenten Trump entwickeln wird, zeigt sich die Wahrheit dieser Kritik: Kein Modell kann solche Unwägbarkeiten exakt abbilden.

Doch auch wenn präzise Vorhersagen schwierig bleiben, bieten Wirtschaftsprognosen trotzdem wertvolle Orientierung. Sie helfen dabei, Szenarien durchzuspielen und bieten eine verlässliche Grundlage für Entscheidungen – gerade in unsicheren Zeiten. Und bei den aktuellen Prognosen für die Schweiz zeichnen sich einige klare Trends ab:

1. Zinsen und Wechselkurse: Billiges Geld

Die Zinsen in der Schweiz dürften weiter sinken, während der Franken stark bleibt. Je schwächer die Weltwirtschaft und je turbulenter die Geopolitik, desto stärker wird der Franken und desto tiefer wiederum die Zinsen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird eine übermässige Aufwertung des Frankens voraussichtlich nicht tolerieren und könnte sogar Negativzinsen wieder ins Spiel bringen. Derweilen sind Schweizer Staatsanleihen als sicherer Hafen gesucht, was das Zinsniveau hierzulande insgesamt niedrig hält.

2. Inflation und Preise: Reallöhne steigen

Die Inflation bleibt auf niedrigem Niveau, wodurch sich die Konsumenten wieder über eine höhere Kaufkraft ihrer Löhne freuen dürfen. Der starke Franken wirkt preisdämpfend und zusätzlich werden im Januar 2025 die Strompreise für Haushalte sinken. Auch die Mietpreissteigerung wird aufgrund des Rückgangs des Referenzzinssatzes im März 2025 gebremst. Das sind alles positive Signale für den privaten Konsum.

3. Zuwanderung: Plus beinahe eine Stadt St. Gallen pro Jahr

Die Zuwanderung bleibt rege und mit rund 80 000 deutlich über ihrem Durchschnitt von 64 000 seit Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU im Jahr 2002. Das ist ein weiterer Motor für den Konsum und das Wirtschaftswachstum in der Schweiz.

Diese Trends – höhere Kaufkraft, starkes Bevölkerungswachstum und tiefe Finanzierungskosten – sind gewichtige Treiber für den privaten Konsum und die Bauinvestitionen. Sie dienen damit als solide Stabilisatoren in einem global unsicheren Umfeld. Und weil die SNB eine zu rasche Aufwertung des Frankens verhindern dürfte, sollte sich dessen Bremswirkung einigermassen in Grenzen halten.

Unsicherheiten in der Exportwirtschaft

Anders sieht es jedoch für die Schweizer Exportindustrie aus. Für die klassische Industrie bleiben die Perspektiven bis auf Weiters getrübt, weil das Wachstumspotenzial in Europa, insbesondere in Deutschland, voraussichtlich beschränkt bleibt. Dennoch gibt es zumindest zyklische Hoffnungsschimmer: Nach einer längeren Phase der Zurückhaltung könnten der fortgeschrittene Lagerabbau sowie der Druck zu Ersatz- und Neuinvestitionen eine moderate Erholung bewirken. Derweilen dürften die Pharmaexporte weiter zulegen können. 

Handelskrieg: Das Damoklesschwert 

Über dem internationalen Handel schwebt mehr denn je das Risiko eines erneuten Handelskriegs, insbesondere mit den USA. Die Schweiz wäre von potenziellen Zöllen sowohl direkt als auch indirekt betroffen – selbst das Exportschwergewicht «Pharma» würde darunter leiden. Ein Blick auf die Vergangenheit liefert jedoch einen vorsichtigen Optimismus: Während der ersten Amtszeit von Präsident Trump hat die Schweiz den Handelsstreit vergleichsweise glimpflich überstanden – auch wenn die Covid-Krise die Datenbasis verzerrt. 

Wer aber als Prognostiker von sich behauptet, er könne das Verhalten des «Dealmaker-In-Chief», Donald Trump, vorhersagen, hat seine Hausaufgeben nicht gemacht. In seinem Buch «The Art of the Deal» begründet Trump, dass Unberechenbarkeit für ihn eine bewusste Strategie ist. Daher bleibt sein Verhalten ein schwer kalkulierbarer Faktor – weder durch Modelle noch durch Intuition.

Was bedeutet das für die Schweizer Wirtschaftspolitik?

In einer derart unvorhersehbaren Welt haben Prognosen ihre Bedeutung, auch wenn sie keine absoluten Antworten liefern können. Sie helfen dabei, Szenarien systematisch zu analysieren und politische sowie wirtschaftliche Entscheidungen auf eine konsistente Grundlage zu stellen.

Das sagen die Prognosen für die Schweiz: Die Binnenwirtschaft, vor allem durch Konsum und Bauinvestitionen, bleibt weiterhin stark. Die Exportwirtschaft hingegen bleibt unter Druck und könnte von externen Schocks wie einem Handelskrieg negativ beeinflusst werden.

Am Ende sind sowohl Optimismus als auch Vorsicht angebracht: Die geopolitischen Risiken bleiben real, doch die strukturelle Stabilität der Schweizer Wirtschaft bietet auch in schwierigen Zeiten verlässliche Perspektiven.

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