13. AHV Rente – Mehr oder weniger Armut?
«… die Stärke des Volkes misst sich am Wohl des Schwachen, …» Präambel der Schweizer Bundesverfassung.
Es scheint so, dass viele Bürger die 13. AHV Rente als gutes Mittel zur Bekämpfung der Altersarmut in der Schweiz gesehen und somit unterstützt haben. Nun, im Folgenden stellen wir drei einfache Fragen und schauen, was die Daten sagen. Spoiler Alert: Die 13. AHV Rente wird Armutsprobleme wahrscheinlich verstärken, nicht mindern.
Die erste Frage ist: Den Armen wo will man helfen? 35% der AHV Bezüger, also fast 800’000 Personen, leben im Ausland. Es ist anzunehmen, dass die meisten von ihnen von tieferen Lebenshaltungskosten und dem starken Anstieg des Schweizer Frankens profitieren. Wir haben keine brauchbaren Daten und wissen somit nicht, wie viele von ihnen arm sind. Den Armen in der Schweiz wird die Zahlung der 13. AHV Rente ins Ausland jedoch sicherlich nicht helfen.
Wenden wir uns der zweiten Frage zu: Wie viele AHV Bezüger sind denn an oder unter der Armutsgrenze? Nimmt man das relative Einkommen, um Armut zu definieren, so belaufen sich die Schätzungen auf 2-300’000 Personen. Gehen wir also von 300’000 aus. Ihnen zu helfen, macht Sinn. Es gibt aber nebendran noch 2,3 Millionen weitere Personen, die AHV beziehen. Für jeden Franken, den ein Armer erhält, gehen über sieben Franken an Nicht-Arme. Die AHV Rente scheint da wiederum ein sehr ineffizientes Mittel zur Armutsbekämpfung zu sein.
Beruft man sich auf die Daten, ist die wirtschaftliche Situation der AHV Bezüger als Gruppe übrigens gut. 2018 lag das mediane verfügbare Äquivalenzeinkommen der Rentner bei 44’899 Franken versus 53’141 Franken bei den Erwerbstätigen. Mit der 13. AHV-Rente ist der Einkommensunterschied nur noch 16%. Die Vermögensseite ist jedoch dramatisch. Rentner als Gruppe besitzen im Schnitt dreimal mehr Vermögen als die Arbeitenden mit einem Medianvermögen von CHF 340’000 versus CHF 100’000.
So überrascht es also nicht, dass die finanzielle Situation der Rentner besser ist als die der Erwerbstätigen. Und das bedeutet, dass nur sehr wenige Rentner unter finanziellem Stress leiden. Die Quote der materiellen Entbehrung liegt bei den über 65-jährigen bei 2.2%. Bei den 18–64-jährigen sind es 5.6%, also fast dreimal mehr. Wirklich am Anschlag und hilfebedürftig sind effektiv um die 55’000 Rentner.
Wir erlauben uns hier das Bundesamt für Statistik zu zitieren: «….Personen im Rentenalter sind deutlich häufiger einkommensarm als die Bevölkerung im Erwerbsalter, gleichzeitig aber signifikant seltener von materieller Entbehrung betroffen und schätzen ihre finanzielle Situation auch selbst deutlich positiver ein.»
Wenden wir uns in unseren Betrachtungen noch der letzten Frage zu: Werden die Armen, die nicht Rentner sind, irgendwie beeinflusst? Wiederum das relative Einkommen verwendend kommt man auf etwa 560’000 Personen unter 65 Jahren in der Schweiz, die als arm gelten. Die AHV Rente wird ziemlich sicher über eine Erhöhung der Lohnnebenkosten sowie eine Mehrwertsteuererhöhung finanziert. Das Einkommen der «jungen» Armen wird sinken und ihre Lebenskosten steigen, beides armutsfördernd. Zusätzlich steigt in den nächsten zwei Jahrzehnten die Anzahl der Rentner stark an, was den Druck auf die arbeitenden Armen weiter erhöhen wird.
Die datenbasierte Zusammenfassung: Knapp 20% der Bevölkerung erhält eine Lohnerhöhung von 8.3%. Mehr als 97% von ihnen haben keinen finanziellen Stress. Eine effiziente Armutsbekämpfung ist die 13. AHV Rente nicht. Und wenn man die Finanzierung und die demographische Entwicklung in den nächsten Jahren miteinbezieht, wird sie die Armut in der Schweiz erhöhen.
P.S. Äquivalenzeinkommen werden verwendet, um die Einkommenssituation von Haushalten unterschiedlicher Größe und Zusammensetzung vergleichbar zu machen.
Quellen und weiterführende Informationen:
– https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation-bevoelkerung/soziale-situation-wohlbefinden-und-armut.gnpdetail.2023-0748.html
– https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/publikationen-und – service/forschung/forschungsbereiche/WiSiER.html
– https://www.bsv.admin.ch/dam/bsv/de/dokumente/ahv/statistiken/ahv_stat_2022.pdf.download.pdf/AHV-Statistik%202022.pdf
– https://www.prosenectute.ch/de/fachwelt/publikationen/altersmonitor/altersarmut.html